Liebe Tadorna-Freunde,
zum Jahreswechsel 2010 habe ich die Kajüte meiner „kleinen Brandgans“ gegen eine Stammcrew-Koje auf dem „Walross“ eingetauscht – zumindest für die nächsten 6 Monate. Keine Sorge, das heißt nicht, dass ich Tadorna untreu werde! Ganz im Gegenteil: ich habe vor, sie nach meiner Rückkehr in den dann leeren Schuppen des ASV zu schieben und einer Generalüberholung zu unterziehen, um sie fit für neue Abenteuer zu machen – siehe dazu auch mein letzter Logbuch-Eintrag 2009.
Tadorna steht zur Zeit unter ihrer schneebedeckten, schweren Winterplane auf dem Parkplatz des ASV und wärmt sich mit Erinnerungen an den vergangen Sommer. Und da ich ihr bei den aktuellen Wetterbedingungen in Deutschland sowieso nicht viel Gutes tun könnte, nutze ich die nächsten Monate lieber zum Segeln und Lernen: Nächste Woche geht es auf die bisher längste Etappe meines Lebens, von Auckland durch den Südpazifik rund Kap Hoorn nach Ushuaia! Dann in Etappen via Mar del Plata, Buenos Aires, Rio de Janeiro und Recife die südamerikanische Küste hoch, weiter in Richtung Azoren, und schließlich zurück nach Hamburg, von wo wir im November 2007 mit dem Walross zur ARC und unserem Rund-Welt-Projekt aufgebrochen sind (auf der ersten Etappe war ich ab Lissabon an Bord).
Ich freue mich auf viele tausend Seemeilen Meer, auf Südamerika und die Azoren – aber vor allem auf eine ganz andere Art des Segelns: auf einem 17-Meter „Offshore-Performance-Cruiser“, der konsequent auf die Vermittlung einer soliden Ausbildung im Hochseesegeln ausgerichtet ist. Das bedeutet Segeln mit großer Crew (2 Wachen à 4 Mann plus Skipper und Smut), Verzicht auf Selbststeuerung und seglerischen Firlefanz, klassische Navigation parallel zur modernen, selbstverständlich ebenfalls an Bord befindlichen Elektronik und ein Bordleben mit einer ganzen Reihe althergebrachter Regeln, Traditionen und vereinsinternen Besonderheiten, von denen ich in den nächsten Monaten selbstverständlich hier berichten werde.
Denn auch wenn Tadorna dieses Jahr voraussichtlich nicht segeln wird, ist dieser Törn Teil des Projektes „Tadorna Jetzt!“, hat mich doch, als sich die Möglichkeit bot, die gleiche Frage umgetrieben, die mich im Frühjahr 2008 überzeugt hat, mit Tadorna auf Tour zu gehen: „Wenn nicht jetzt, wann dann?“! Wann bekommt man schon einmal die Gelegenheit, von Neuseeland aus ein halbes Jahr lang rund um die Welt zu segeln, auf einem Schiff, dass einem zumindest zu einem kleinen Teil „gehört“ und in das man sich nicht nur seglerisch, sondern auch mit eigener Arbeit, eigenem Geld und ganz viel Leidenschaft mit einbringt? Ich danke dem ASV für diese Möglichkeit; ich danke Kristina, dass Sie mich guten Gewissens hat ziehen lassen – auch wenn ich mir von Herzen wünschte es wäre anders gekommen, und alle Seemeilen der Welt gegen ein gemeinsames Morgen eintauschen würde; und ich danke meinem Hauptsponsor Roche und allen, die mich bei diesem Abenteuer unterstützen!
Um es kurz zu machen: Ich bin seit dem 31. Dezember in Auckland, Neuseeland und arbeite zusammen mit Sven, Jan und Kristin die lange Liste an Punkten ab, die vor Kap Hoorn noch zu erledigen sind, um das Schiff fit für den rauen Südpazifik zu machen. Zum Schreiben bin ich hier, auf www.tadorna.de, bisher nicht gekommen – dafür gibt es ein (fast) tägliches Blog auf www.walross.org, dessen Posts Ihr dort nachlesen könnt und sollt (der Einfachheit halber habe ich sie hier auch angehängt). In Zukunft wird es auf der Walross-Seite die „offiziellen“ Logbuch-Berichte von Bord geben; hier werde ich in mehr oder weniger regelmäßigen Abständen meine persönlichen Eindrücke und Erfahrungen wiedergeben und Euch wie gewohnt mit auf die Reise nehmen.
Es grüßt vom anderen Ende der Welt,
Bastian