Eigentlich wollte ich heute direkt nach Tallin segeln, aber nach der Erfahrung von Riga entscheiden wir uns, stattdessen zunächst die Tallin zehn Meilen vorgelagerte Insel Naissar anzusteuern. Naissar war zu Zeiten der UdSSR ein streng bewachtes Geheimnis – hier befand sich eine Raktenbasis und eine Fabrik für Seeminen. Als wir am alten Kai festmachen fallen uns zunächst die alten Schmalspurschienen auf, die bis zum Molenkopf führen und sich am Leuchtturm im Wald verlieren. Strom und Wasser ist hier Fehlanzeige, es gibt zwei Plumpsklos, das war’s – scheint uns. Wir machen gerade zwei der guten Erasco-Dosen warm und müssen wohl recht verdutzt geguckt haben als wir zuerst eine Eisenbahn pfeifen hören und kurz danach mehrere russische Militärlaster vorfahren. Als am Kai ein kleines Passagierschiff anlegt strömen knapp 100 Inselbesucher an Tadorna vorbei, schauen uns interessiert beim Abendessen zu und schiffen sich gen Tallin ein – fünf Minuten später ist der Spuk vorbei und wir sind wieder allein. Es gibt also eine Eisenbahn. Und Laster. Und irgendetwas, was ein ganzes Schiff voller Besucher in Abendgarderobe auf diese ehemalige Militärbasis verschlägt…