Bis vor drei Tagen, genauer gesagt bis zu dem Moment als mein Jumpstagbeschlag brach und mein Mast sich im Sturm einen halben Meter nach Lee durchbog war ich auf Haparanda getrimmt, trotz immer mal wieder aufkommender Zweifel: Ist es nicht schon zu spät? Wann setzen die berühmt-berüchtigten Südweststürme ein? Wie schnell wird es jetzt kalt und dunkel? Egal – ich will nach Haparanda.
Gestern Nacht hat sich meine rechte (vernünftige) Gehirnhälfte durchgesetzt. Tadorna gibt mir inzwischen an allen Ecken und Enden zu verstehen, dass sie müde ist, nach hause will und im Winter noch mal so richtig umsorgt werden möchte: Fenster, Deck und Aufbau sind trotz großzügigem Sika-Einsatz (Dichtungsmasse) einfach nicht mehr dichtzukriegen, in der Kajüte fängt es an zu spaken, die Elektrik fällt immer öfter aus, die WSA ist jetzt zum siebten (!) Mal hinüber, und klammer Schlafsack, nasse Polster und feuchte T-Shirts nagen zunehmend auch an der Moral, jetzt wo es kalt wird und sich die wärmende Sonne rar macht. Alles Kleinigkeiten, die höchstens den Komfort beeinträchtigen; aber das mit dem Mast ging mir doch nahe – zum ersten Mal hat ein „strategisches“ Teil von Tadorna nachgegeben.
Und dann treffe ich zwei Finnen, die mit ihrer 15-Meter-Yacht ebenfalls in Hanko Schutz suchen. Sie sind mehrfach um die Welt gesegelt und verbringen nun schon seit 8 Jahren ihre Sommer in Haparanda und Umgebung. Sie lieben diesen nördlichsten Zipfel der Ostsee, die Leute, die Weite, die Leere, zeigen mir auf ihren großen Seekarten entlegene Ankerbuchten und kleine Fischerdörfer, die ich unbedingt besuchen soll – und ich weiß, ich werde keine Zeit für all das haben: Ich werde nach einer Woche Segeln ziemlich erschöpft ankommen, ausschlafen, meine Tadorna-Postkarten in Haparandas Nordtonne einwerfen und sicher mächtig stolz sein, es hier hoch geschafft zu haben – aber dann werde ich wenden, noch einmal zurück in Richtung Nordkap blicken und mich auf den langen, langen Rückweg machen, denn es wird Mitte September sein…
„Why don’t you instead spend a relaxing week or two in the Archipelago, visit Åland, and come back next Spring? We’ll meet you up there…“
Leute: Tadorna Jetzt! wird zum Zweiteiler – Alles gut.
Ich bin in Hanko, dem südwestlichsten Zipfel Finnlands; draußen stürmt und regnet es, ich sitze bei Petroleumlampe und Heizlüfter unter Deck und studiere die Detailkarten des Turku-Archipels und der Åland-Inseln; und die großen schwedischen Übersegler für den Bottnischen Meerbusen liegen zusammengerollt im Vorschiff – ich komme wieder.