Fußballfieber

Aus dem frühen Ableger wird wieder nichts – als ich Tadornas Nase aus dem inneren Hafenbecken der Rega manövriere steht vor mir eine dichte Nebelwand, Sicht unter 50 m. Ich mache am äußeren Kai fest, unternehne einen ausgedehnten Strandbummel und gönne mir für 6 Euro eine frisch gebratene Scholle mit Pommes und Salat und ein großes Bier.

15.15 h Der Nebel bleibt. Sicht 20 m. Aber ich will nach Kolberg, und wenn das bei dem wenigen Wind bis zum Anpfiff noch was werden soll dann jetzt oder nie – also los. Taste mich mit gesetzten Segeln und Motorunterstützung bei N 1 aus der Einfahrt, Kurs 60°.

16.00 h Wind 0, Fahrt 0,5 kt. Ich versuche dichter unter Land etwas Thermik abzukriegen, laufe mit 120° zurück Richtung Strand und drehe erst wieder auf O als ich irgendwo rechts von mir Kinderstimmen höre – 3 kt Fahrt im Schiff! Als ich auf einmal unter mir Muscheln und Sandreliefs sehe wird mir doch etwas mulmig, ich gehe auf gefühlten Parallelkurs zum Strand. Irgendwo im Nebel rechts neben mir spielen Kinder Fußball und freuen sich lautstark auf das EM-Spiel Deutschland-Polen heute Abend – und ich entschließe mich spontan und sozusagen als Dankeschön für die navigatorische Unterstützung meine erste Tadorna-Flaschenpost abzusetzen (siehe Flaschenpost).

Um kurz vor 18.00 h ist der Wind wieder weg. Ich entschließe mich zu Gunsten des Fußballs – wider besseren Wissens, denn ich habe kaum noch Sprit im Tank und werde den Motor für den Seekanal von Kolberg brauchen – den Außenborder anzuschmeißen – bis Kolberg sind es noch ca. 5 Meilen. Um 19.15 h funke ich Port Control an, und ¼ Meile vor der Einfahrt geht – wie sollte es anders sein – das Benzin aus. Super. Port Control gibt mir nach kurzer Warteschleife Clearance zum Einlaufen unter Segeln – bei null Wind und Strom gegenan kein Spaß. Ich schmeiße den Motor mit den letzten abgesaugten Tropfen Sprit noch einmal kurz an, schiebe mich durch die Einfahrt, dann war’s das – wriggen ist angesagt. Neben Frachter Lill verpasse ich den Anpfiff zur ersten Halbzeit. Um 20.20 mache ich im Kolberger Jachthafen fest und werde aufgeklärt dass die Übertragung um acht, das Spiel aber erst um viertel vor neun anfängt – zwei Minuten vorher sitze ich bei polnischem Bier und Bratwurst unter hunderten polnischer Fans und feiere 90 Minuten später das 2:0 ;-)