Am Mittwoch lege ich ausnahmsweise mal recht früh ab und mache mich auf den Weg nach Liepaja, der Hauptstadt der lettischen Rockmusik; mehr als die Hälfte aller bekannteren lettischen Bands kommen hier her. Als ich bei rund 5 Bft mit gerefftem Groß den Seekanal verlasse verstehe ich, warum Jörn Heinrich in seinen Törnführern schreibt dass man Klaipeda bei auflandigem Wind über 6 nicht mehr anlaufen sollte: Es steht Wind und Welle gegen Strom, und mir stehen in der Einfahrt steile, gut 3 Meter hohe, brechende Grundseen entgegen. 10 Minuten später wird es ruhiger, ich gehe auf Kurs 330° und schalte die WSA mit dem gestern neu gebauten Servoruder ein. Es hält knappe 2 Sekunden und bricht. Scheiße. Gleiche Stelle wie vorher – das Gelenk zum Hochklappen des Ruders am Ruderkopf. Jörn, ich verstehe langsam warum Du die Idee mit dem wegklappbaren Ruder zwar gut fandest, aber selber nicht umgesetzt hast… ;-/
Ich fahre ein Mann-über-Bord-Manöver, sammle das gute Stück Bootsbausperrholz wieder ein (bei Welle gar nicht so einfach, ich brauche zwei Anläufe – üben!) und mache es mir an der Pinne gemütlich. Gegen 16 Uhr tausche ich die Gastlandsflaggen aus und erreiche gegen 21 Uhr den riesigen Vorhafen von Liepaja. Liepaja war bis 1988 einer der größten Stützpunkte für die strategische nukleare U-Boot-Flotte der Sovietunion, der Nordteil des Vorhafens ist bis heute für Yachten gesperrt. Entlang der Küste liegen zudem zahlreiche Wracks, und auf meinen Karten sind etliche Spoil Grounds und Mine Danger Areas eingezeichnet.
Ich segele bis in den Winterhafen vor, nehme dort die Segel weg und mache um an der Stadtpier fest. Direkt gegenüber befindet sich nicht nur ein edles Hotel mit Yacht-Zentrum, wo ich in tiefen Ledersesseln versinke und meine Emails checken kann, sondern auch das Fountaine – einer der angesagtesten Rock-Indy-Clubs Lettlands. Der Abend ist nach einer Dusche gebucht. DJ-Thema der heutigen Nacht ist „Big Fuck Day“. Wirklich. Steht in großen Kreidebuchstaben auf der Eingangstafel. Na dann ;-) Und ich liebe coole, gutaussehende Frauen im alternative-independent-look, die richtig tanzen können und mögen. Als ich die hübsche Aiga fast soweit habe auf einen Drink mit an Bord zu kommen tauchen ihre beiden Freundinnen, Inga und Inka, auf: „Well, we’re three now… You can only have us as a threesome ;-) !“ 5 Minuten und einen langen, im Steg steckengebliebenen Damenabsatz später steigt 200 Meter weiter bei gutem badischen Wein (Danke, Florian, Dein Onkel kann was!) die Liepaja-Tadorna-After-Party…